Auswirkungen auf Nachfolgeregelungen

Ende des Vorbezugs der 2.-Säule für die Selbständigkeit

Der Bundesrat möchte den Bezug von Vorsorgegeldern aus der 2.-Säule für den Aufbau einer Selbständigkeit unterbinden. Er erhofft sich davon eine Einsparung von 8 Millionen Franken pro Jahr bei den Ergänzungsleistungen. Diese werden notwendig bei Personen, die sich mit Geldern aus der Pensionskasse selbständig gemacht haben und gescheitert sind. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen sind zu erwarten und mit welchen Auswirkungen ist bei den in den kommenden 5 Jahren anstehenden 80´000 Nachfolgereglungen bei den KMU zu rechnen?

Pro Jahr lassen sich nach einer Studie des BSV (Bundesamt für Sozialversicherungen) von 2005 (http://www.bsv.admin.ch/praxis/forschung/publikationen/index.html?) zwischen 8´000 bis 12´000 Personen ihr Vorsorgekapital für den Aufbau einer Selbständigkeit ausbezahlen. Nur 10% von ihnen scheitern mit ihrer Selbständigkeit und benötigen im Alter Ergänzungsleistungen. Wer bezieht Vorsorgegelder für den Aufbau einer Selbständigkeit? Eine starke Gruppe sind ältere Personen (50+), die von den Unternehmen aus den allseits bekannten Gründen nicht mehr beschäftigt werden. Gerade diese Altersgruppe verfügt über ausreichend Kapital in der Pensionskasse, um die mit dem Aufbau einer Selbständigkeit verbundene Durststrecke von zumeist 3 Jahren zu überstehen. 42.2% der Bezüger kommen aus dieser Altersgruppe. Addiert man noch die über 40-jährigen, erhält man 75.9% der Bezüger.

Was werden die Auswirkungen der geplanten Reform sein?

Da gemäss Studie 10% der Unternehmensgründungen scheitern, bedeutet dies im Umkehrschluss dass 90% der Unternehmensgründungen gelingen. Das heisst anstatt in der Arbeitslosigkeit und einer anschliessenden Frühpensionierung zu enden, gelingt pro Jahr zwischen 3´038 und 4´558 Personen im Alter von über 50 Jahren dank dem Einsatz ihres Kapitals aus der 2.-Säule der Aufbau einer neuen beruflichen Existenz. Diese erlaubt es ihnen wieder neues Alterskapital zu bilden und entlastet damit sowohl die Arbeitslosenversicherung, die Sozialhilfe und die Ergänzungsleistungen.

Rechnet man die Kosten für die entsprechenden Leistungen zusammen so werden die nun bei den Ergänzungsleistungen erhofften Einsparungen von 8 Millionen, um ein Vielfaches übertroffen. Setzt man die geplante Massnahme nur ein Jahr um und geht von jährlichen Kosten von 50´000 Franken pro Person, welche sich nun keine Selbständigkeit mehr aufbauen kann, für Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe über eine Dauer von 4 Jahren bis zur Frühpensionierung aus, ergibt sich ein Gesamtbetrag von 800 Millionen Franken. Selbst unter der optimistischen Annahme, dass 50% der Personen anstatt einer Selbständigkeit wieder eine Anstellung finden werden, stehen den 8 Millionen Franken vordergründigen Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen Aufwände von 400 Millionen Franken bei den anderen Sozialversicherungen gegenüber. Und dies alles ohne Beachtung der durchaus gegebenen Gefahr, dass eine Person, die im Alter von 56 aus dem Erwerbsleben aussteigt aufgrund des geringen Vorsorgekapitals später Ergänzungsleistungen benötigen wird. Interessanterweise empfehlen im letzten Abschnitt der Studie des BSV die Teilnehmer eines Workshops zur Analyse der Handlungsmöglichkeit, die aktuellen Vorgaben nicht zu ändern, da kein Handlungsbedarf besteht.

Was sind die Auswirkungen der geplanten Änderungen für die anstehenden Nachfolgeregelungen bei den KMU?

Zunächst wird es deutlich weniger neue kleine Unternehmen geben. Gerade diese kleinen Unternehmen sind aber für erfolgreiche Nachfolgeregelungen im Bereich KMU sehr wichtig. Natürlich werden die Auswirkungen nicht im ersten Jahr der Reform spürbar sein, aber mit jedem Jahr wird die Anzahl der potentiellen Käufer für ein KMU zurückgehen. Unternehmer, die in einigen Jahren ihre Firma in neue Hände übergeben wollen, werden dies spüren. Es erhöht sich die Gefahr, dass sie keinen Nachfolger finden oder einen deutlich geringeren Preis erzielen. Da für viele Unternehmer ihre Firma aber auch eine wichtige Komponente ihres Alterskapital darstellt, wäre es sicher sehr wertvoll, wenn der Bundesrat einmal die finanzielle Auswirkungen dieses Effektes auf die Ergänzungsleistungen berechnen würde.

Wir von Unternehmens-Vermittler.ch haben uns das Ziel gesetzt, heutige Unternehmer und Unternehmerinnen und zukünftige Unternehmer und Unternehmerinnen möglichst einfach zusammenzubringen. Dementsprechend beobachten wir das regulatorische Umfeld unserer Kunden und engagieren uns auch. Wir haben uns daher mit den obigen Berechnungen an das bei der Gesetzesanpassung federführende Eidgenössische Department des Innern (EDI) gewandt. Sobald wir eine Stellungnahme erhalten, werden wir das Thema in unserem Blog wieder aufnehmen.

Autor: Andrea Waeber